Hilflosigkeit in der Politik

Kaum hat man sich gefreut, dass der unpassende EMB 2000plus Geschichte war, kam der EBM 2008 und gleich darauf der leicht nivellierte EBM 2009. Gut, für die Strahlentherapeuten hat sich nicht wirklich viel geändert. Aber Zeit zum Verschnaufen ist wieder nicht vorhanden, denn jetzt kommt ja die neue Lösung durch den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 26.3.2010.

Um es kurz zu machen: Sinn der Neuregelung der Regelleistungsvolumen (RLV) ist die seit Einführung der RLV festzustellende Verschiebung der Freien Leistungen zuungunsten der RLV Vergütungen zu beenden und stabile RLV´s zu produzieren und dafür die Freien Leistungen zu begrenzen. Zu dem Begriff „Freie Leistungen“ passt allerdings keine Begrenzung, daher der neu eingeführte Begriff der Qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen. Im o.g. Beschluss ist keine Verringerung der Leistungen nach Kapitel 40 – für die Insider ist das klar, für die anderen: dahinter verbergen sich die Sachkosten (MLC Erstattungen) – ersichtlich, sondern diese werden zu Lasten des gesamten RLV Topfes beglichen. Insoweit wieder einmal Entwarnung an der Vergütungsfront, da die MLC Vergütungen doch einen wesentlichen Teil des Gesamthonorars der Strahlentherapeuten ausmachen.

Aber Achtung: Niemand sollte glauben, dass wir durch die derzeitige angespannte Lage bei den Kassen und der Verwirrung und Hilflosigkeit in der Politik generell ein verschnaufen empfehlen würden. Wenn man die permanente (berechtigte) Diskussion um die Kostenexplosion bei den Arzneimitteln – hier besonders auch die gigantischen Aufwendungen für die onkologische Patienten im Rahmen der Chemotherapie – betrachtet wird klar, dass der onkologische Patient den Kassen zwar wichtig ist, die Pharmaindustrie hier aber gerade dabei ist den Bogen deutlich zu überspannen. Spüren werden das zuerst die Onkologen, deren Vergütungen mit o.g. Beschluss gerade wieder etwas gesenkt wurden als wenn die Senkung der Leistung beim Arzt die Auswüchse bei der Pharmaindustrie kompensieren könnte!!! Wenn dann noch die (fast unerfüllbaren) Vorgaben der Onkologievereinbarung eingehalten werden sollen, spürt man doch ein Gefühl des Zweifels in sich aufsteigen. Werden solche Vereinbarungen zum Wohle des Patienten gemacht oder doch nur um den Kassen eine werbewirksame Basis zu verschaffen (für die diese gar nichts bezahlen müssen, weil es ja keiner erfüllen kann), die am Ende des Tages – wenn man es wagt die Ziffern abzurechnen einem potentiell im Raum stehenden Abrechnungsbetrug aussetzt – als Bumerang zu einem zurück kommen? In den Gesprächen mit den Kassen und den KVen kann ich mich nicht dieses Eindruckes erwehren , eher wird dieser weiter bestätigt.

In unserm letzten Newsletter hatte ich angekündigt, das Gesundheitswesen etwas näher zu betrachten. Die Frage nach dem Standpunkt des Gesundheitswesens hatten wir beantwortet und dies verknüpft mit der Aufforderung, die vorhandenen verkrusteten Strukturen aufzubrechen. Heute daher die Frage:

Wie sollte das deutsche Gesundheitswesen nun finanziert werden?

Als Grundlage bräuchte man auch weiterhin ein gemischtes System im deutschen Gesundheitswesen; das besteht aus Beiträgen, Steuern und pocket money (Selbstbeteiligungen der Versicherten).

Nachdem wir aber keine Kostenexplosion im Gesundheitswesen haben, sondern vielmehr ein Einnahmeproblem ist auch darauf der Fokus zu richten. Wie kommt man zu mehr und stabileren Einnahmen? Um dies zu beantworten haben wir folgende Ansätze formuliert:

a) Einnahmesteigerungen innerhalb der GKV Logik
b) Einnahmesteigerungen außerhalb der GKV Logik
c) Kostenreduktion bzw. Kostenverlagerung
d) Leistungsmengenverringerung (Rationierung)
e) Rationalisierung der Strukturen und Prozesse (Leitlinien, DMP, Netze)

Für heute wollen wir nur den ersten Punkt weiter durchgehen:

a.) Einnahmesteigerungen innerhalb der GKV Logik

Was bedeutet das und welche Möglichkeiten gibt es innerhalb der GKV Logik?

1.) Erhöhung des Beitragssatzes (ist unpopulär, und wäre angesichts von 15,5 % auch nicht nötig) >> nicht umsetzbar

2.) Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze (führt zu einer Abschaffung der PKV und das wäre der reale Todesstoß für die niedergelassenen Fachärzte) >> nicht umsetzbar

3.) Abschaffung von Sondersystemen (Beihilfen für Beamte; siehe Abschaffung PKV), geht nicht >> nicht umsetzbar

4.) Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze >> wäre sicherlich zu überlegen, da dann mehr Geld ins System kommt und das trifft erst einmal diejenigen, die genug davon haben; hier sollte man durchaus deutlich erhöhen (Ziel 150.000.- €) >> umsetzbar

5.) Erweiterung der Bemessungsgrundlage >> bringt Geld ins System; denken Sie an die vielen Rentner, die eine geringe GKV Rente haben, weil Sie immer selbständig waren und dort nie eingezahlt haben; die wurden häufig noch schnell wieder in das GKV System gespült und sind die Gewinner, da diese z.B. erhebliches Immobilienvermögen haben; daher wäre es richtig, alle Einnahmen ob Zinsen, Mieteinnahmen, Renten, usw. zu berücksichtigen >> umsetzbar

Warum nicht einmal neue Wege gehen und Veränderungen angehen, die weiter reichen als bis zur nächsten Landtags- oder Kommunalwahl?

Fehler zu machen ist ein Privileg des Tatkräftigen.

Ingvar Kamprad

Wer Herrn Kamprad nicht kennt: er ist der Gründer von IKEA.

Das Gesundheitssystem am Ende

Hat der neue Bundesgesundheitsminister schon verspielt, ist es Absicht das System der „Großen Koalition“ an die Wand fahren zu lassen oder sind das alles nur Pannen die da einem tagtäglich im Gesundheitswesen präsentiert werden?

Sicher ist es ungeschickt wenn man als gerade angetretener Minister das eigene Schicksal mit der Frage nach einer Kopfpauschale verbindeteine Steilvorlage für den aus München sich dauernd äußernden – im Bereich Gesundheitswesen so hoch qualifizierten – Minister Söder. Der würde doch gerne Herrn Rößler die Entscheidung abnehmen, wer den Hebel bei der Guillotine umlegt.Kopf ab für die Kopfpauschale, anders ist die Äußerung aus München am Tag der Einsetzung der an sich überflüssigen Regierungskommission – überflüssig, da die Berechnungen alle schon vorliegen – nicht zu bewerten, denn laut Herrn Söder kann die Kommission nur zum Ergebnis kommen, daß die Kopfpauschale nicht funktionieren kann.

Alles eine Frage der Betrachtungsweise mag man da fast sagen. Auch Fachleute wie der Münchner Gesundheitsökonom Günter Neubauer machen sich für eine Pauschale stark. Ist es so, daß Hunderte oder gar Tausende von Ökonomen wirtschaftliche Geisterfahrer sind, während allwissend die Politik alleine vom Baum der Erkenntnis gegessen hat? Der Kritikpunkt, daß eine Pauschale mit dem sozialen Ausgleich Kosten zwischen 10 und 30 Milliarden zusätzlich auslösen würde, greift nicht. Einerseits kommt man sich bei dieser Spanne vor wie bei einem öffentlichen Bauvorhaben, welches am Ende aufgrund unabwendbarer Ereignisse doppelt so viel gekostet hat wie vorher angenommen und andererseits dienen Zahlen an dieser Stelle einer offensichtlichen Abschreckung.

Die Tatsache, daß die GKV aber schon immer Zuschüsse erhalten hat – aktuell eine Frischzellenkur von 3,9 Milliarden, damit der Beitragsanstieg durch die Konstruktion des Gesundheitsfonds nicht weiter fortschreitet – wird da bewusst verschwiegen.

Stattdessen werden nun von Horst Seehofer die Pharmaindustrie und die Ärzte als Sündenböcke ausgemacht. Die Steigerung der Honorare um 10 % sei schuldnicht die schönste Nacht seines Lebens, wie er nach der Einigung mit Ulla Schmidt zum besten gab..klar, den an den Misthaufen von der letzten Regierung möchte man getrost verschweigen.treu dem Motto des Rosenkanzlers Adenauer .“was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“aber da wird keine Lösung daraus erwachsen.

Da heißt es wachsam sein und die Äußerungen der Interessenvertreter genau analysieren. Nicht daß man am nächsten Wahltag – und das ist in Deutschland aufgrund der föderalen Struktur so ziemlich jedes Jahr – an der falschen Stelle ein Kreuz macht. Daher ganz konkret:

WO STEHT UNSER GESUNDHEITSWESEN EIGENTLICH HEUTE?

Als Ausgangslage besteht ein gigantisches System einer Umverteilung:

  • von Gesunden zu Kranken
  • von Jungen zu Alten
  • von Arbeitgebern zu Arbeitnehmern
  • von besser Verdienenden zu weniger Verdienenden abhängig Beschäftigen
  • von Arbeitnehmern zu Arbeitslosen oder Nichtbeschäftigen
  • von Ledigen zu Familien
  • von Steuerzahlern mit hohen Steuern zu solchen mit geringen Steuern
  • zwischen den Sozialversicherungen (GRV, GKV, GUV)

Das muss aufgebrochen werden.  Wir werden nun in einer nachfolgenden Reihe der Newsletter die einzelnen Punkte aus unserer Sicht – aus der Ebene eines Betroffenen aus dem System – berichten und Lösungswege aufzeigen. Dies immer dem Leitspruch folgend:

Sag nicht alles, was du weißt, aber wisse immer was du sagst.

Matthias Claudius

Leider beherzigen unsere Volksvertreter nur den ersten Teil des Satzes.